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Himmelfahrt in Adrspach    Die Bürgermeisterin

Um endlich auch mal ein paar Schulterrisse hochzukommen, buchten Tom, Henning und ich über Himmelfahrt den Risskurs in Adrspach. Schon im Vorfeld kriegten wir allerlei nützliche Informationen von Freunden, die bereits teilgenommen hatten. „Eure Sachen könnt ihr hinterher wegwerfen.“, „Nehmt genug Tape und Heftpflaster mit.“, „Bereitet euch auf die Schinderei eures Lebens vor!“ waren die Ratschläge, die wir zu hören bekamen. So fuhren wir ins Ungewisse und kamen am Mittwochabend am Zeltplatz an.

Am Donnerstag wurden wir nach dem Frühstück den verschiedenen Übungsgruppen zugeteilt und liefen bei strahlendem Sonnenschein zur Spanischen Wand, wo die Erwärmung stattfinden sollte. Ohne groß zu fragen, tauschten uns emsige Mitteilnehmer in den Kurs von Martin Treiber, der angekündigt hatte, dass er mit seinen Leuten eher harte Sachen klettern wollte. Das entpuppte sich als wahrer Glücksfall, denn Martin war ein Glückstreffer, sowohl als Trainer als auch als Mensch. Da waren wir nun – Sven (ein freundlicher Sachse), Tom, Henning und ich, im zweitstärksten Leistungskurs der Rissklettergruppe. Hurra!

Warmklettern an der Spanischen Wand fürIII

An der Spanischen Wand bekamen wir einen Vorgeschmack auf die kommenden Herausforderungen. Zunächst einen VIIb Hand-/Schulterriss (tschechische Bewertung V), der schon mal einiges and Kraft und Technik erforderte und ein Dreier-Handriss, der aber auch nicht ohne war. Überhaupt waren die tschechischen Bewertungen etwas eigenwillig. Irgendwie war alles, wo man kaum den Fuß vom Boden wegbekam mit V bewertet und die Touren in denen man irgendwie noch eine Chance hatte, waren III. Grad.

Martin trieb uns an und wir absolvierten das Pflichtprogramm für Rissaspiranten in allen möglichen Rissbreiten. Sieben Stück waren es am ersten Tag. Während wir uns tapfer durch überhangende Schulterrisse kämpften, in Faustrissen Haut ließen und im Handriss auch mal kurz Plaisier fanden, erzählten einige Kursteilnehmer später beim Abendessen, dass sie sich einfach um ein paar von den unangenehmsten Routen gedrückt hatten, um Kraft zu sparen. Na toll. Wir jedenfalls waren nach dem ersten Tag bereits fertig mit der Welt.

Tom im Schulterriss

Am Freitag ging es zum Aufwärmen gleich in einen VIIc-Handriss, bei dem uns Martins Kletter- und Absicherungsstil die Kinnlade runterklappen ließ. Ein Mann ohne Nerven, der die unangenehmsten Passagen hochtänzelte, als sei es das normalste der Welt. Das Ganze mit zwei Sicherungen auf 25 Metern. Beim zweiten Felsen gab es dann mal etwas Genusskletterei mit zwei Übertritten und grandioser Gipfelaussicht auf Bürgermeister und Bürgermeisterin, die zwei berühmten Adrspacher Wahrzeichen. Oben trafen wir einen Tschechen, der einen Schlag aus Adam Ondras Kindheit zum besten gab (er war mit dessen Eltern befreundet) und gleichzeitig seine weinenden Kinder einen engen Kamin hochsicherte. Da war nix mit Kuschelpädagogik. Die ganze Familie wurde hochgezogen, ob sie wollte oder nicht. Weiter ging es, ins Schulterrissvergnügen. Drei Stück in verschiedenen Breiten standen auf dem Programm. Vorher gab es noch eine Solobesteigung einer nahestehenden Quacke mit entsprechendem Minigipfelbuch. Endlich mal wieder Griffe in den Händen!

Vorbereiten zum klettern

Die drei Schulterrisse verlangten uns alles ab: Hand-Faust, Doppelhand, Chicken Wings, Hacke-Spitze. Was für ein Spaß! Die Kursleiter waren alle solo vorgestiegen, der gesamte Kurs indes fluchte und keuchte sich die Risse hoch und nicht wenige begingen sie im Ein-Meter-hoch-zwei-Meter-wieder-runterrutschen-Stil. Reibung im Adrspacher Gestein? Fehlanzeige. So langsam zeigten sich allerdings auch erste Erfolge und manchmal klappte es schon ganz gut mit den ungewohnten Techniken, auch wenn der Blut- und Hautverlust der Kursteilnehmer mittlerweile immens war.

Martin in einer VIIc aufwärm Tour

Da für den Sonnabend Regen angekündigt war, schlug uns Martin vor, vor dem Frühstück ein wenig Sportkletterei in einer nahegelegenen Wand zu betreiben. Unvorsichtigerweise sagten wir zu. Wir hätten es wissen müssen! Die nette Sportkletterei fand natürlich im mittlerweile obligatorischen Erwärmungsgrad VIIb/c an einer leicht überhängenden Wand statt, die uns gleich wieder auf Betriebstemperatur brachte. Der Rest des Kurses wälzte sich derweil noch in den Schlafsäcken herum und schüttelte die Köpfe über unseren Leichtsinn.

Genusshandriss

Dann begann das Tagesprogramm. Zwei kurze aber fordernde Handrisse stimmten uns auf den Höhepunkt des Kurses ein – einen teilweise überhängenden 35-Meter-Handriss. Als wir drunter standen, konnten wir es erst gar nicht fassen. Was für ein Monster! Martin kletterte wieder ganz entspannt und legte diesmal immerhin vier (!) Sicherungen. Bei mir wären es wohl eher vierzig gewesen. Die Route selber war das absolute Sahnehäubchen. Grandiose und luftige Klemmerei und Hangelei in einer Traumroute, die von mir aus doppelt oder dreimal so lang hätte sein können.andere gehen ins Boot Camp, hier wird dafür bezahlt Frank kurz vor dem Gipfelglück

Dann kam ein Regenschauer und wir waren insgeheim froh, uns mal in der Gastwirtschaft des Nachbarortes ausruhen zu können. Während wir jungschen Burschen halbkomatös bei Gulasch, Bier und Törtchen im Lokal vor uns hindämmerten, absolvierte der über sechzigjährige Martin noch rasch eine 17 km lange Laufrunde. Noch Fragen?

Sven in der ersten Seillänge der Bürgermeisterin

Für den letzten Tag stand die Bürgermeisterin auf dem Programm. Als wir drunter standen, ahnten wir bereits, dass es kein Genussklettertag werden würde. Gleich die erste Seillänge war ein garstiger Hand-Faust-Schulter-irgendwas-Riss, der mich komplett entsaftete. Dann kam die Schlüsselseillänge. Nach kurzem Stemmkamin mussten wir im Raupenstil durch eine enge Steilrinne kriechen, die manch einem wegen der permanenten Rausflutschgefahr die Schweißperlen auf die Stirn trieb. Danach steilte sich der Fels auf und man kam an eine Passage, die jeden von uns an seine Grenze brachte. Keiner schaffte es, den überhängenden Schulterriss in irgendeiner Form sauber zu klettern. Jeden von uns spuckte er aus und jeder wurschtelte sich fluchend und schnaufend irgendwie hinauf (Überflüssig zu erwähnen, dass Martin keine nennenswerten Probleme gehabt hatte). Dann kam ein Stück Dach, welches man an ganz guten Henkeln überwinden konnte. Aus dem Dach gleich klemmen in einen rauen und engen Handriss, der nochmal ordentlich Engagement erforderte. Dann erstmal ausruhen am Ring. Alter Vadder, das war eine Tour, die sich gewaschen hatte! Aber wir waren ja noch nicht oben. Eine Steilreibungspassage, danach eine Umrundung des Gipfelkopfes und nochmal ein steiler, leicht überhängender Handriss warteten auf uns.

Riss macht Spaß

Die Steilreibung sah eigentlich ganz gut aus, jedoch entpuppte sie sich beim beklettern als unangenehme Psychonummer, da es in Adrspach eben keine Reibung gab. Der Sand rieselte fröhlich unter den Füßen weg und die Aussicht auf einen Sechs-Meter-Pendelsturz als Seilletzter erhöhte die Motivation auch nicht besonders. Irgendwie ging es dann aber doch (Einfach mal losmachen!). Der Quergang war machbar und der letzte Handriss wurde mit versiegenden Kräften dann auch noch hochgewuchtet. Alter! Was für ein Gerät. Für mich war es das mit Abstand heftigste, was ich jemals geklettert bin. Wahrscheinlich auch, weil man ja bereits drei Tage Schulterrisse absolviert hatte. Aber wir waren glücklich. Zerschunden, fix und alle, aber glücklich. Und am Montag gab es den Muskelkater meines Lebens. Mal sehen, ob er jemals wieder nachlässt. Nächstes Jahr wollen wir jedenfalls nochmal hin.

(Frank T. aus B.)

 

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