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Heisere Bergfahrten und Schartenschinderei 

Mit heiseren Kehlen und gezeichnet vom spannenden Spiel mit leider deprimierenden Ergebnis, des im Hof der Brauerei Berliner Berg öffentlich gezeigten EM-Viertelfinales Spanien : Deutschland rollten wir in Pattys frisch generalüberholten Bus gen Sebnitz. 
Brecki war mit von der Partie um unser Trio zu vervollständigen. Die Anfahrt nach Sebnitz zog sich dank der Umleitung in Neustadt noch bis 01:00 Uhr. Vor Ort teilten wir uns noch zwei Bier und sind dann auch schnell im Schlafsack verschwunden.

 
Da wir einstweilen ohne notorisch früh aufstehende Gipfelsammler angereist waren - diese zogen es vor zu boofen (Frank und Micha) bzw. haben ihr eigenes Häuschen (Tom Paz) - trödelten wir in den Tag und fuhren über Bad Schandau zur Mittagszeit auf gut Glück hoch zur Schrammsteinbaude. Dort freuten wir uns über einen der letzten Parkplätze und stiegen an gegen hohen und mittleren Torstein. Der AW auf die Torsteinscheibe versprach überwiegend schattige Kaminkletterei. Dies gestalteten wir uns dann mit maximalem technischen Aufwand für diesen IIIer-Weg. Ich zog es vor auf halber Strecke durch einen Hundebahnhof zu klettern, nach dem es aber hart rechts abbog, so dass, wer nicht solo hinterher wollte nachgeholt werden musste. Nachdem man ganz entspannt über ein paar Blöcke krabbelt, findet man sich ca. 4 m tief in einem Stemmkamin wieder, den man dann in 5 m Höhe wieder zurück traversieren muss, um sich dann beherzt - mittlerweile recht weit ausspreizend und sich beherrschen müssend nicht in Nervosität zu verfallen - rechts um die Ecke auf einen Grad zu schwingen, der wiederum das letzte dann auch nicht mehr schwere Stück zum Gipfel einleitet. Wenn Klettern ein Schachtelsatz wäre, könntet ihr mich Adam nennen.

                                 Thom im Hundebahnhof              Unterwegs an der Torsteinscheibe             altes Gipfelbuch
Beim Sichern zum Gipfel rutsche uns dummer- oder idiotischerweise (Pech liegt im Auge des Betrachters) das Seil vom Oberschenkel in eine Spalte und gab sich fortan verklemmt. Patty durfte deshalb nicht zum Gipfel, konnte sich nicht persönlich in das antike Buch von 1977 eintragen, musste das Seil befreien und musste dafür dann aber auch nicht umständlich über zwei Abseilen und einen Fußweg von 10 Minuten (barfuß) zurück zum Einstieg laufen. Brecki sparte sich den Fußweg und traversierte in 5 m Höhe zurück, so dass selbst Alex Honold das Blut in den Adern gefroren wäre.  Regenpause

Die entspannte Einstiegsroute hatte sich also zu einer fast dreistündigen Bergfahrt entwickelt. Na ja, erstens kommts anders und zweitens mussten jetzt erstmal Stullen gegessen werden, Wasser getrunken und ein Nickerchen gehalten werden. Danach hatte es sich schon merklich zugezogen, sodass wir uns entschlossen, den Rückzug anzutreten. Im Schießgrund mit seinen charakteristischen schönen Eisenbändern fiel uns dann aber noch der Hirschzahn auf. Beim betrachten des AW (VIIa) regte sich bei mir nochmal der Ehrgeiz. Der recht boulderige Einstieg ist zwar schlecht zu sichern, aber man kann über eine kleine Zacke eine Art Schwebe einrichten, wenn man das Seil geschickt drüber wirft. Motivierenderweise kommt man aber auch nicht mehr zurück, wenn Brecki und Patrick mit vereinten Kräften das Seil einholen. Trotz ordentlich Seilzug von rechts konnte ich dann die Crux auf den schrägen Absatz meistern und eine gut sitzende Bandschlinge legen. Im Anschluss musste ich links hoch antreten und die linke Kante abziehen um auf den nächsten, fussbreiten schrägen Absatz zu kommen. Jetzt noch links um die Kante und noch 2 m hoch.  Schon saß ich oben, froh und stolz wie Bolle.

                                                       Am Hirschzahn AW                                Thom auf dem Hirschzahn

Es grummelte schon, also kamen Brecki und Patrick flink wie die Gämsen nach und hast Du nicht gesehen, standen wir wieder unten. Im einsetzenden ersten Schauer der Gewitterfront kamen wir in der Schrammsteinbaude an und verköstigten ein paar kalte Gerstensaftspezialitäten. Als wir eine gute Stunde später am Parkplatz ankamen, fielen uns gleich ein paar unangenehm aussehende Risshemdträger und Patchworkhosenbesitzer auf, die sich anschafften ihre Klettersachen in ihren Karren zu verstauen. Und was diese Burschen uns bei einem weiteren Bier in der Schänke berichteten, erzählt euch jetzt Frank.

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Mein Schwager ist netter!
Irgendwie schien sich das Regentief in einem Wirbel zu befinden, der immer wieder pünktlich jedes Wochenende über dem Elbsandsteingebirge auftauchte. So auch an diesem ersten Juliwochenende 2024. Die Aussichten waren eher mittel, aber die Kletterbegeisterung war groß! Eigentlich sollte es in Richtung Rauschentürme gehen, um ein paar garstige Brocken abzuarbeiten. Es kam wieder einmal anders. 
Aber von Anfang an! Tom weilte, wie jede Woche auf seinem Grundstück, Thomas M., Brecki und Patrick auf Heikos Hacienda und Micha und ich nächtigten boofend am Rauenstein. Da Michas Arm ein wenig zickte und der Freitag Regen gebracht hatte, wichen wir vom ursprünglichen Plan ab und schwenkten auf die Schrammsteine um. Dort gab es auch genug zu tun.  
Bei strahlendem Sonnenschein trafen wir uns mit Tom vor der Schrammsteinbaude und stiegen den Schießgrund hinauf. Dort zeigte es sich bereits, dass wir nicht die einzigen waren, die das Schönwetterfenster nutzen wollten. Auf der Stiege zum Torstein gerieten wir in den ersten Wandererstau. Geduld war angesagt. Auch in der Nähe des Frühstücksplatzes herrschte reges Treiben. Allerlei Kletterer standen an den Einstiegen der Gipfel, was bedeutete, dass wir erst mal schauen mussten, welcher Gipfel überhaupt noch frei war.
Gerade noch rechtzeitig vor einer Zehnköpfigen Seilschaft stürmten wir solo den AW des Mittleren Torsteines hinauf, sonst würden wir noch am Sankt-Nimmerleinstag dort gestanden haben. Durch die vorangegangenen Regentage hatten wir, dank der klaren Luft einen wunderbaren Blick ins Tal hinunter. Je-doch konnten wir ihn nicht allzu lange genießen und kamen gerade noch am Seilersten vorbei durch die Engstelle, zurück zu unseren Rucksäcken. 

                                                           Klettern in den Schrammsteinen                               Blick von der Drohne zur Tante


Da der Bergfex gerade frei war, erstiegen wir die Westkante. Und wo wir schon mal da waren nutzten wir die Gunst der Stunde, um per Übergangsweg auf den benachbarten Vorderen Torsteinkegel über-zusetzen. Eile war geboten, da bereits eine weitere Seilschaft aus dem Tal heraufkam und sich unsere Seile kreuzten. Das war ja schlimmer als am Kletterturm in Berlin! Allerdings waren drei Gipfel in einer guten Stunde auch keine schlechte Ausbeute.
Nummer vier war dann die Drohne über die Rechte Variante des Westweges, die mit VIIa doch etwas überbewertet zu sein schien. Allerdings kam das Festhalten am Fels bei starken Böen hinzu, was die Kletterschwierigkeit wieder ein wenig erhöhte. Nach der Einnahme einer herzhaften Erdnuss-flipsmahlzeit beschlossen wir, uns den angedachten Mittelturm für später aufzuheben und uns statt-dessen lieber dem Schwager zu widmen. Der versprach ja Herausforderung. Und was für eine!
Da keiner von uns weder Lust, noch die Eier hatte, irgendeine Route dort ungesichert hochzusteigen, richteten wir am Onkel eine Schwebe ein und seilten in die Scharte, damit wir den Schartenriss angehen konnten. Mittlerweile hatten die Temperaturen wieder sportliche dreißig Grad erreicht, was das Schulterrissklettern nicht gerade verheißungsvoller machte. Der anfängliche Handriss ging gut, aber dann wurde es ungemütlicher. Vor dem Ring verwandelte sich der schöne, saugende Riss in ein fieses Chicken-Wing-Monster. Bei mir im Riss verging die Zeit wie im Fluge, aber die beiden in der Sonne bratenden armen Sicherungsmänner Tom und Micha mussten über eine Stunde brutzeln. Alternative Freizeitgestaltung nennt man das wohl. Mein Kletterspaß hielt sich allerdings auch in Grenzen. Zu-nächst ging es mit Hacke-Spitze ganz gut voran, aber etwa einen Meter vor Erreichen des rettenden Körperrisses glitten mir die Füße aus dem breiter werdenden Riss und ich rutschte wieder zwei Meter hinunter. Das ganze wiederholte sich ein paarmal, bis bei mir kurz vor dem Dehydrierungstod Arme und Beine endgültig den Dienst versagten und ich aufgeben musste. Ich war absolut entsaftet, in jeglicher Hinsicht. Mit offenen Schienbeinen seilte ich japsend in die Scharte zurück. Das durfte nicht wahr sein. So kurz vor dem Ziel!

                                     Schartenriss am Schwager                  Frank schaut sich den Schwager mit skeptischem Blick an                    Spreizvariante zum AW am Schwager

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Plan B war eine Spreizvariante des AW, die angesichts der doch sehr breiten Scharte auch nicht eben verlockend aussah. Aber egal, wir mussten da hoch! Beim nächsten Mal würden die Risse und die Scharte höchst wahrsscheinlich immer noch genauso breit sein. Motivierend wirkten ein paar Einträge aus dem Teufelsturm-Chat hinsichtlich des Alten Weges, wie: „Am besten geht es solo, das Seil um die Wade gebunden.“, „Hier geht es nicht ums Bescheißen, sondern ums nackte Überleben.“, „Dieser Weg ist ein Beispiel dafür, dass die Sicherheit zunehmen kann, wenn man solo klettert.“ und „Wer hier die Nerven verliert, wird nie wieder froh.“ Das stimmte zuversichtlich. Also lebenserhaltende Schwebe platziert und losgespreizt. Tatsächlich ging es besser als gedacht an guten Eisenplatten höher. Ein Spagat-Training vorher hätte aber auch nicht geschadet. Nach dem etwas wackligen Hinüberziehen in den Riss stöhnte ich laut auf. Nicht schon wieder! Noch so ein schß Chicken-Wing-Riss. Das wars! Feierabend, abklettern und tschüss!
Gott sei dank kam mir der Gedanke, es vorher noch einmal etwas weiter innen in der Scharte zu versuchen und siehe da, es ging. Ich konnte noch ein paar Meter weiter hochspreizen und als die Eisenplatten an der onkelseitigen Wand endeten gab es da einen Henkel zum Hinüberziehen in einen Schulterkamin. Dummerweise stand ich voll ausgespreizt mit links auf einer feuchten, moosigen Reibungsplatte. Da hieß es, nochmal allen Mut zusammennehmen und einfach mal loszumachen. Und eins, und zwei und los! „Du hättest ruhig mal Bescheid sagen können, vorher!“ rügten mich die Sichern-den. Wie recht sie hatten! Aber es war geschafft. Die letzten Meter bis zum Ring waren entspanntes hochschubbern und danach noch zweimal ziehen und da war er, der Gipfel. Das hatte nichts mehr mit Freizeitsport zu tun. Wohl dem, der gut Schulterrissklettern kann!
Mittlerweile grollte es am Horizont und dunkle Wolkengeschwader schoben sich bedrohlich in unsere Richtung. Micha versuchte sein Glück, gab aber Tom den Vortritt. Dummerweise lief das Seil, durch den Ring umgelenkt ziemlich ungünstig, sodass beim Nachspreizen, im Sturzfall ein unangenehmer Pendler drohte. Somit hatte Tom das Vergnügen sich doch noch durch den fiesen Schinderriss quälen zu dürfen. Den Geräuschen nach, die er von sich gab, hielt die Tour, was sie versprach. Auf dem Gipfel angekommen, fielen bereits die ersten Regentropfen auf uns herab. Dankenswerterweise musste zur Abseile noch etwas in den Schartenrissausstiegskamin abgestiegen werden. Das volle Programm! Wohlbehalten erreichten wir den Talgrund, und das keine Sekunde zu früh! Es donnerte und blitzte, als ob sämtliche Gipfel des Elbsandsteingebirges gleich auf uns herabstürzen würden.  
Als wir dreckig, nass und zerschlissen unsere Autos an der Schrammsteinbaude erreichten, schallten uns fröhliche Pöbeleien entgegen. Thomas, Brecki und Patrick kamen zufällig des Weges. Sie hatten sich an der Torsteinscheibe vergnügt. Das verlangte begossen zu werden. Was wir in der Baude dann auch taten. Dann aber war Feierabend. Ab ins Bettchen!Schrammsteinbaude
In der Nacht kübelte es ordentlich. Das bedeutete Bielatal am Sonntag. Wir wanderten zur Gruppe an der Falkenwand und waren uns einig: Heute stand nur Genussklettern auf dem Programm. Nymphe, Waldkauz, Gespaltener Turm, ein Doppelsternchenhandriss am Glatten Kegel, Hinterer Dürrebielawächter Südkante und Kiebitz machten uns viel Freude. Gemeinsam kehrten wir im Anschluss noch in der Daxensteinbaude ein, wo wir bei Schnitzel, Bier und Soljanka das erfolgreiche Wochenende aus-klingen ließen.3 Sterne Riss am Glatten Turm

 (Frank T. aus B.)
 

Da das mit dem Ausschlafen am Samstag schon so gut funktioniert hatte, blieben wir am Sonntag auch noch mal länger liegen. Gemütliche Grillatmosphäre auf der vor  Regen geschützten Terrasse hatte uns den Samstagabend noch lange genießen lassen. Auch im Bielatal fanden wir um die Mittagszeit noch einen Parkplatz und schlenderten zum Dürre Bielagrund. Dort waren Frank, Tom und Micha schon fleißig unterwegs. Ich entsann mich einer Empfehlung Frank Brauners und stieg in die absolut genussvolle Südkante (IV) des hinteren Dürrebielawächters ein, während sich Brecki als Sportfotograf auf dem Kiebitz postierte. 

                                                   Südkante am Hinteren Dürre Bielawächter                                   Thom im Glück


Im Anschluss ging es noch auf den gespaltenen Turm per Hangelweg (III). Brecki war so sehr im Solofieber, dass er die Nymphe gleich zweimal bestieg - also per AW und Talverschneidung erklomm, nicht was ihr spätpubertären Ferkel bestimmt wieder denkt!
Da es späterer Sonntagnachmittag war beschloss die verbliebene Gang (Tom war schon abgereist) das Wochenende bei Speis und Kaltgetränken an der Dachsensteinbaude (Siiieeeeeme!) ausklingen zu lassen.

dr.Thomas

 

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