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Unsere Expedition auf den Illimani, 6439 m1_Illimani 6439m zweithöchster Berg Boliviens aus der Sicht von La Paz

Der Illimani ist der zweithöchste Berg Boliviens und liegt ganz in der Nähe von La Paz, dem Regierungssitz des Landes. Er misst 6439 m. Ihn zu besteigen war eine spektakuläre Erfahrung, aber wir haben ordentlich kämpfen und leiden müssen, um die vielen Höhenmeter zu überwinden, die uns vom Gipfelglück trennten.

Vor unserer Expedition hatten wir schon einige Wochen in der Präcordillera in Argentinien und in der Cordillera Real in Bolivien verbracht. Dort haben wir uns wunderschöne Landschaften erschlossen und Höhen bis zu 5500 m erklommen. 2_Verwunschen...Damit hatten wir eine gute Akklimatisierung für die Höhe, die uns erwartete und waren gut trainiert. Einige Tage vor dem Aufstieg waren wir Eisklettern am Huayna Potosi, probierten dort unser eigens für die Expedition geliehenes Equipment aus. Ich machte meine ersten Erfahrungen auf Steigeisen. In den Vorbereitungen für die Besteigung des Illimani wurden wir unterstützt von den Brüdern Miguel und Diego, bolivianischen Freunden von Sebastian, die eine Agentur für Paragliding und Bergsteigen in La Paz leiten.3_Blick aus der Teleferico

Sie haben unsere Tagesrationen an Proviant geplant, den waghalsigen Transport zum und vom Zustieg übernommen und uns einen sehr erfahrenen und vertrauenswürdigen Guide vermittelt. Am ersten Tag unserer Expedition starteten wir morgens in La Paz. Die Fahrt im Geländewagen zum Zustieg dauerte ca. drei Stunden und führte uns durch eine karge und dünnbesiedelte Berglandschaft auf holprigen, abenteuerlichen Straßen entlang.Am Zustieg, auf einer Höhe von ca. 4500 m, angekommen, teilten wir unser Gepäck und den Proviant auf. Während der Etappe zum Highcamp wurden wir unterstützt von unseren zwei Trägern Alfonso und Edgar, die jeweils 25 kg an Gepäck übernahmen.

4_Anfahrt    5_Aufstieg mit ständigem Blick zum Gletscher   6_...den Wolken entgegen

    

Die beiden trugen unser Gepäck in einer Geschwindigkeit den Pfad hinauf, dass wir sie vor dem Highcamp nicht mehr zu Gesicht bekamen. Aber auch die Träger*innen der anderen Seilschaften flitzten an uns vorbei und dies in den einfachsten Schuhen bzw. Schlappen. Wir empfanden tiefste Demut beim Anblick der Landschaft und der Menschen, die sich hier so problemlos bewegten.Die Etappe zum Highcamp umfasste ungefähr 1000 Hm und führte über Gesteins- und Gerölllandschaften bis auf 5500 m.

7_Man beachte das Schuhwerk...      8_Die letzten Meter zum Highcamp.

 

Hier begegneten wir bereits einem Bergsteiger mit Höhenproblemen und Luftnot, der dann entsprechend versorgt werden musste. Das Highcamp mit dem romantischen Namen „Nido de los Condores“ (Nest der Condore) hat eine spektakuläre Lage auf einem Felsvorsprung an der Grenze zum Gletscherfeld mit Blick auf die schneebedeckten Wände des Illimani und die umliegenden Täler. Gelegen zwischen steilem Abhang und Gletschereis ist hier nur Platz für wenige Zelte und Menschen.

9_Highcamp 5500m      10_Highcamp

 

Bei unserer Ankunft war das Lager schon recht gut gefüllt. Wir hatten Glück, denn Alfonso und Edgar hatten bereits ein schönes Plätzchen ausgesucht, unser Zelt aufgebaut und es an herumliegenden Felsbrocken und Steinen gesichert. Wir nutzten Licht und Wärme der letzten Sonnenstrahlen, schmolzen und filterten Gletscherwasser und kochten uns ein kalorienhaltiges Abendessen. Die anschließende Nacht war, wie uns zuvor prognostiziert wurde, kurz, kalt und schlaflos. Auf dieser Höhe werte sich der Körper gegen den Schlaf und leichte Kopfschmerzen erinnerten uns an die beträchtliche Höhe, auf der wir uns befanden. Das Geräusch von Lawinen machte das Schlafen nicht einfacher, auch nachdem uns versichert wurde, das diese sowohl das Highcamp als auch den Aufstieg zum Gipfel nicht bedrohten. Um ein Uhr nachts pellten wir uns widerwillig aus den Daunenschlafsäcken und begaben uns in die dunkle Kälte. Wir aßen ohne viel Appetit ein kleines Frühstück. Während die ersten Stirnlampen an uns vorbeizogen und über das steile Gletscherfeld getragen wurden, legten wir unsere Steigeisen und weiteres Equipment an.

11_Auf Augenhöhe...   12_Einer von vier Gipfeln des Illimani über 6000m.  13_Zustieg zum Pico Sur, dem höchsten Punkt des Illimani
Um 3 Uhr starteten auch wir. Bei eisigen Temperaturen von minus 20°C begann unser Aufstieg, der uns stundenlang in der Dunkelheit steil die Westflanke des Illimani hinaufführen sollte. Wir liefen zu dritt, verbunden als Seilschaft mit wenigen Metern Abstand zueinander, angeführt von Macmario über Gletscher- und Schneefelder. Die bergzugewandte Hand hielt die Eisaxt. Da sie damit angewinkelt und höher als am hängenden Arm gelegen war, wurde sie auch weniger durchblutet und war anfälliger für die Kälte. Die Pausen waren aufgrund der Kälte kurz und das eigentlich notwendige Essen und Trinken zu aufwendig. Der Anstieg war erbarmungslos stetig und steil.

14_Unser Lager   15_Zustieg   16_Kurz vorm Gipfel

Die Herausforderung bestand in der schier endlosen Monotonie des Anstieges, die eine Illusion nie endender Anstrengung hervorrief. Hunger, Durst, Kälte, der Schmerz frierender Finger, Dunkelheit, Erschöpfung begleiteten uns so über viele Stunden. Während des Aufstiegs begegneten wir bereits einigen Bergsteigern, die abbrechen mussten und in Begleitung zurück zum Camp abstiegen. Auch bei uns stellte sich die Frage eines Abbruchs. Ich fror immens und meine Kräfte ließen zusehends nach. Während ich mir das Erreichen des Gipfels schon nicht mehr zutraute, war unser Guide zuversichtlich. Langsam und eisern kämpften wir uns weiter.

17_Skurrile Eisformationen über den Wolken                                                   19_Wir haben´s endlich geschafft nach 10h Aufstieg vom Highcamp mit Makio unserem Guide

Wir liefen stundenlang in der Dunkelheit und Kälte und auch als der Sonnenaufgang die Umgebung einfärbte, blieb es auf unserer Seite, der Westseite des Berges, kalt und düster. Als wir endlich auf der Sonnenseite des Berges angekommen waren, war dies ein unglaublich schöner Moment für uns. Mir standen Tränen in den Augen. Es war ein unfassbares Erleben von Glück und Erleichterung als wir in das gleißende, warme Sonnenlicht eintauchten und die wunderschönen und bizarren Schneeformationen glitzern sahen. Unsere Körper wärmten sich auf und unsere Lebensgeister kamen zu neuen Kräften. Doch während für mich die wärmende Sonne eine deutliche Erleichterung hervorrief, entwickelten sich bei Sebastian Bauchschmerzen und ein höhenbedingtes ‚Fatique‘ mit entsprechender Gleichgültigkeit. Die Motivation, den Gipfel zu erreichen, verflog und ein „hier ist es doch auch schön“ trat an ihren Platz. Dank der motivierenden Worte und der Einschätzung von Macmario entschieden wir uns als Seilschaft weiterzugehen, immer achtsam auf die Symptome, die sich glücklicherweise nicht verschlechterten. Die Luft auf dieser Höhe war schon sehr dünn und es waren immer noch einige hundert Höhenmeter zu bewältigen. Doch der Anstieg ließ nach und dies erleichterte deutlich die letzte Etappe. Wir erreichten erschöpft und glücklich den Gipfel. Wir waren vollkommen allein zwischen Himmel und Eis und genossen sprachlos den Blick auf Gletscher, umgebende Gipfel, das Meer an Wolken und das leuchtende Weiß.„Den Gipfel hat man erst geschafft, wenn man wieder unten ist“.

20_Das Schönste am Bergsteigen ist der Ausblick                          22_Abstieg

Diesen Satz habe ich inzwischen sehr oft von Sebastian gehört. Und nun kam er mir in den Sinn, ohne dass ihn jemand aussprach. Vor uns lagen 1000 Hm Abstieg bis zum Highcamp und wir waren hundemüde. Hier begriffen wir auch in voller Gänze die Bedeutung des zeitigen Aufstieges, denn die Sonne erwärmte nicht nur uns, sondern auch das Eisfeld. So wurde das Stapfen über den schmelzenden Untergrund schwieriger. Die Sonne schien inzwischen nicht mehr nur zu unseren Gunsten sondern saugte unsere Energie und benebelte uns. Der Weg die steile Piste hinunter erforderte unbedingte Konzentration, auch wenn wir unendlich müde und träge waren.

23_Gletscherzungen            24_Herzlichen Dank an unsere Träger Edgar und Alfonso

Doch wir meisterten bis auf weniges Straucheln und Stolpern den Abstieg und erreichten wohlbehalten das Highcamp. Die anderen Seilschaften hatten das Camp bereits verlassen und an diesem Abend gab es keine neuen Gipfelaspiranten. Wir hatten uns zuvor schon für eine weitere Nacht in dieser Höhe entschieden um die Eindrücke wirken zu lassen. Bevor wir am nächsten Tag die letzten 1000 Hm absteigen und wieder in die quirlige Millionenstadt La Paz zurückfahren würden, blieb uns noch etwas Zeit.So konnten wir die Ruhe, den Sonnenuntergang, die Berge und Gletscher ganz allein für uns genießen. Auch der beeindruckende Huayna Potosi (6088 m) war von hier aus gut zu
sehen und erinnerte Sebastian an die Besteigung, die er vor 11 Jahren mit Tom unternommen hatte.( https://maulbeerblatt.com/unterwegs/zwei-kopenicker-in-eisigen-hohen/ ) 18_Gipfelglück auf 6439m HöheIn dieser Nacht konnten wir trotz der Höhe unglaublich gut schlafen. Erschöpfung und vor allem ausgesprochene Zufriedenheit nahmen unser gesamtes Empfinden ein. Bergfrieden !        Sebastian und Judith

Kommentare   

# RE: Illimani 6439 mLars 2020-01-06 09:49
Beeindruckend, Danke für den Bericht und die tollen Fotos.
# RE: Illimani 6439 mherdi 2020-01-25 19:12
Gerne & Danke !

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