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Wiesnzeit und alte Säcke

Eben noch auf Mallorca, ging es leider nach einem wunderschönen Urlaub wieder zurück in die Heimat und gottseidank gleich ins Elbsandsteingebirge. Tom, Chrille und ich bildeten unsere Kletterrunde. 1 Frank im AW des Hauptwiesensteines

Die Sieberturm-Allstars waren wieder vereint.

Am Sonnabend wollten wir eigentlich den unangenehmen Schandauer Turm in Angriff nehmen, jedoch waren halb zehn bereits alle Parkplätze am Beuthenfall belegt, sodass uns nichts anderes übrigblieb, als umzudisponieren und zu den Drillingen hochzusteigen. Schüllernadel und Härtelturm fehlten noch. Nach einem schweißtreibenden Aufstieg durch die Wilde Hölle pausierten wir erst einmal im Schatten. Die Gipfel erwiesen sich als freundliche Zeitgenossen. Beide Alten Wege gingen mit Sternchenfünf gut von der Hand. Auch die Leuchterweibchengruppe – unsere nächsten Ziele – bestand aus angenehmen Gesell*Innen. Auch hier beackerten wir die Alten Wege. Beim Vorderen Leuchterweibchen entfuhr mir sogar der Ausspruch, dass der Kamin richtig Spaß mache. Und das aus meinem Munde. Wer hätte das gedacht? Hacke-Spitze fetzt! (Anmerkung: Wie kann ein derartiger Faustklemmereinstieg in den AW IV eigentlich eine IV sein? Gefühlt würde ich für diese Stelle mindestens VIIa angeben. Wahrscheinlich war zur Zeit der Erstbesteigung noch ein paar Meter Sand mehr am Wandfuß, der Rest des Weges war wirklich Plaisier)

2 In den Affensteinen

Da wir dann schon etwas platt waren, ließen wir uns von Chrille über die Unterstützungsstelle im AW IV (VIIa) am Hinteren Leuchterweibchen bauen. Vielen Dank dafür! So eine ranzige, glattgrüne Wand braucht auch echt kein Mensch! Im Anschluss musste der gesamte Turm auf mehr oder weniger guten Tritten quasi einmal komplett umrundet werden, um sich vor einer unangenehm ausschauenden Steilrinne wiederzufinden. Die Kommunikation mit dem Sicherungspartner war mittlerweile nicht mehr möglich; also musste Chrille im Tale ran und die jeweiligen Botschaften von Seilanfang zum Seilende (und umgekehrt) übermitteln. Tom kam somit wohlbehalten am Rinnenbeginn an und so konnte es losgehen.

Wider Erwarten waren die Griffe ganz gut und man kam zügig, aber ungesichert zum Schubberkamin empor. In den passte ich nicht hinein. Oh je! Für IV einen ungesicherten Schulterriss außen klettern? Nicht in dieser Welt! Gottseidank konnte man von unten in den Kamin hineintauchen und fühlte sich hier sicher, wie in Abrahams Schoß. Ohne weitere Umschweife stiegen wir nun zum Gipfel aus, packten im Anschluss unsere Sachen und beschlossen den schönen Tag mit einem Lohmener Weizenbier in der Buschmühle und einem Grillabend auf Toms Hacienda in Lohmen.

Was wir nicht bedacht hatten, war das seit zwei Tagen abgelaufene Mindesthaltbarkeitsdatum des mitgebrachten Bieres. Das hatte zur Folge, dass es uns Dreien am Sonntagmorgen nicht eben besonders gut ging. Am Schnaps konnte es jedenfalls nicht gelegen haben, der war von erlesenster Güte gewesen, was wir auch ausgiebig geprüft hatten.

3 Der Lange Zustiegsweg zu den Wiesensteinen

So schleppten wir uns am Sonntag ins Bielatal, wo um 10:00 ebenfalls alle Parkplätze besetzt waren. Wir fanden einen freien Stellplatz an der Ottomühle und minimierten auf diese Weise unseren Zustieg deutlich. Wir wollten endlich mal den Sack von Wiesenturm, Hauptwiesenstein und Nördlichem Wiesenstein abhängen. Wir erinnern uns: Die letzten Male fing es jeweils in dem Augenblick an zu regnen, in dem meine Hand den Fels berührte. (zum alten Bericht geht es hier)

4 Wiesenturm SO-Kante

Diesmal war alles anders, die Sonne stand hoch am Himmel und es war knochentrocken. Das abgelaufene Bier rumorte in unseren Köpfen und Mägen. Aber es half ja nichts. Zum Warmmachen sollte es die SO-Kante VIIa*am Nördlichen Wiesenstein sein, einem Gipfel, an dem wirklich sämtliche Routen ausschließlich von prominenten Klettergrößen aller Kletterepochen stammten. (Anmerkung: Das waren die Kollegen mit den Stahleiern!!) Unsere Route war von Oliver Perry-Smith, dem Altmeister persönlich erstbegangen worden.

5 Tom am Wiesenturm zum ersten Ring

6 Perspektivwechsel

Recht schnell wurde klar, dass es kein Spaziergang werden würde. Nach kurzem Einstiegsgeplänkel ging es über zwei durchaus sportliche Risse zum ersten und zweiten Ring. Das abgelaufene Bier floss in Strömen aus allen Poren. Tom kam nach und sicherte die absteigende Querung in den dritten Riss. Das war wieder mal großer Bergsport in ausgesetzter Lage. Von hier ging es recht anspruchsvoll nach oben, zu einer fetten Sanduhr und zwei Dauerschlingen im leicht überhängenden Gelände. Ob Perry-Smith auch schon in der Boulderhalle zum Trainieren war? Jedenfalls stellte es sich als vorteilhaft heraus, wenn man mal das Aufstehen an Handklemmer Untergriffen im überhängenden Gelände geübt hatte. Es ging aber gut und so war der erste Gipfel des Tages erreicht. Tom und Chrille freuten sich unten schon. Erwartungsgemäß wurde im Nachstieg (der ja bekanntlich schwerer ist als der Vorstieg) etwas geschnauft. Hier traf es tatsächlich zu, da der Seilverlauf in Richtung des Abstiegs zum Riss an etwas kleineren Griffen, dafür auf abschüssigen Bändern für die Füße tatsächlich unangenehmer war, als am scharfen Seilende. Beide gelangten aber wohlbehalten auf den Gipfel. Es konnte weiter gehen.

Der Wiesenturm wollte uns mit einer VI RP VIIa erfreuen, die Nordkante sollte es sein. Bis zum Ring, der in beachtlicher Höhe steckte, gab es nichts zu legen. Ein Ausrufezeichen wäre hier nicht falsch, aber man sieht ja die Situation von unten. Das war gut, denn so musste man nicht das ganze Material mitschleppen. Zwei Exen und eine Schlinge reichten aus. Tom demonstrierte mir mit kernigen Boulderzügen am Einstieg gleich mal, dass es gar kein so großes Ding war und sich überall dicke Griffe befanden. Ich war nicht überzeugt. Und so tippelte ich vorsichtig von Band zu Band und fand mich alsbald in luftiger Höhe, in etwas unangenehmer Position unter dem Ring wieder. Im Kopf rief unablässig diese Stimme: Nicht fallen, nicht fallen! Gut, dass es Panikexen gibt! Sogleich nahm die Lebensqualität wieder spürbar zu. Der Rest der Tour war auch nicht ohne (vor allem aber ohne Sicherung), ging aber gut und entwickelte sich, dank immer größer werdender Griffe zu einer richtigen Genussroute.

7 Rumschummeln

8 An Messers Schneide zum Gipfel des  Hauptwiesensteines

Jetzt kam noch der größte Brummer! Der Hauptwiesenstein mit dem AW und seinem unangenehm ungesicherten Einstieg. Klar, sterben würde man nicht, aber die Aussicht, von einer Köpfelschlinge in den unter mir gähnenden Schlund zu segeln, war nicht gerade angenehm. Der Fels war aber wunderbar trocken und so spuckte ich in die Hände und machte einfach mal los. Im Gegensatz zum letzten Mal lief es diesmal richtig gut. Es war eine interessante Boulderstelle, an der man sich um die Ecke schummelte und dann, auf einem kleinen Absatz stehend erst einmal mental erholen konnte. Dankenswerterweise konnte man auch gleich noch eine ausreichende Anzahl an zuverlässigen Schlingen im Riss versenken, was den Kletterspaß mit sofortiger Wirkung massiv vergrößerte.

Der Rest der Wand war großer Genuss an gebietstypischen Bändern und Henkeln. Vom Plateau aus wurde noch der Ring der Perrykante verlängert und so konnte im furiosen Schlussspurt der Ausstiegsbollen umklammert und durchgezogen werden. Das war eine wirklich schöne Route! Tom hatte mittlerweile die Nachwirkungen des verdorbenen Bieres weitestgehend überwunden und genoss ebenfalls die tolle Bergfahrt.

Am benachbarten Felsen hatten uns kurz zuvor ein paar Sachsen beeindruckt, die mit stoischer Ruhe einen grünen Riss hochgetänzelt waren. Sie filmten Chrille auf den letzten Klettermetern, sodass der Nachwelt unsere Hauptwiesensteinbesteigung auf Celluloid erhalten bleiben wird. (Danke für die Filmchen Camilo)

 

  

 

Dann saßen wir alle breit grinsend auf dem Gipfel, genossen die Sommersonne und fuhren, nach einer ausgiebigen Mahlzeit in der Daxensteinbaude, in die felsenfreie Heimat zurück.

(Frank T. aus B. und ein wenig der Chrille)

P.S. Fast vergessen:

Nachdem unsere Bäuche gefüllt, der Volvo gestartet und wir eigentlich schon auf dem Rückweg waren, wurde klar, dass unserem Vorsteiger noch DER entscheidende Gipfel im Gebirge fehlte: der Kuckukstein im Bahratal. Eine Zierde seiner Zunft und mit einem AW I von nahezu legendärer Schwierigkeit. Nur durch hartnäckiges Zureden von Tom und mir gelang es, den schon etwas verbrauchten Vorsteiger zu animieren, diese Scharte auszuwetzen. Tom und ich waren schon oben, also schnell noch einen Haken geschlagen und angehalten. Nach Bereitstellung von 2x70 m Seil, dem kompletten Sicherungsmaterial inklusive Steigeisen, Friends und Eispickeln (oh, ich habe die Rißhandschuhe vergessen), wurde der Gipfel Solo noch schnell geschnipst.

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