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Qbi und Herdi unterwegs in den Dolomiten

08.09.2011 Wir schlafen richtig aus und frühstücken in aller Ruhe. Gegen Mittag strolchen wir in Richtung Steger am 1. Sellaturm und klettern die Route die ich mit Steppane vor 7 Jahren gemacht habe. Vor uns turnen 2 junge Buben in einem gewaltigen Überhang, der Nachsteiger mit Rucksack. Respekt. Am Gipfel überkommt uns die Idee zur Langkofelscharte aufzusteigen und die längst überfällige Überschreitung der Fünffingerspitzen anzugehen. Die letzte Seilbahn fährt 17:00 und wir beeilen uns zum Auto zu kommen, kurz die Sachen für 2 Tage umpacken und auf geht's. Das einsteigen in den kleinen Lift der nicht wirklich anhält erweist sich dann für mich auch schon als erste Crux. Während wir gemütlich zur Scharte zwischen Langkofel und Fünffingerspitze chauffiert werden, thronen die Felsen majestätisch über uns. Auf der Hütte werden wir von den Wirtsleuten herzlich empfangen und schwelgen beim Bier in Erinnerungen. An diesem Ort haben ja einige Lernerfahrungen stattgefunden: Einerseits weiß Otto jetzt, dass bergabstürmende Menschen mit eingeschränkter Wahrnehmung keine Augen im Hinterkopf haben und ich hab gelernt das ein gehobener Arm in der Hundesprache weitläufig als Signal zum anhalten angesehen wird. Die Hütte ist nahezu leer, neben uns sitzen zwei Deutsche die sich den Langkofel vorgenommen haben und während wir lecker speisen bekommen die Jungs am Nebentisch wertvolle Infos und Anekdoten aus erster Hand vom Hüttenwirt. Dieser ist der Bruder des 1952 am Langkofel vom Blitz erschlagenen Toni Demetz und herzlich um uns besorgt. Auf unserem Zimmer sind wir völlig allein und so führen wir die mitgenommene Flasche Jagertee ihrer Bestimmung zu, zunehmend aufgeregt über die Aussicht auf ein großes Abenteuer.
09.09.2011 06:30 aufstehen, draußen die Dämmerung, gegen 07:00 verschlafen zum Frühstück schleichen und Nahrung und Kaffee fassen. Die Langkofelaspiranten sehen zum Glück auch nich so viel besser aus. Wir wünschen uns viel Erfolg und stehen noch vor 8 Uhr am Einstieg. Zumindest das was ich für den Einstieg halte. Ich klettere fast die komplette Länge bis mit mein Fehler klar wird. Ich bin viel zu weit links. Na gut, is ja noch früh. Glücklicherweise bin ich jetzt aufgewärmt und im zweiten Versuch klappts dann auch mit der Routenfindung. Wir haben den Berg für uns allein, gegenüber sieht man vereinzelt Bergsteiger am Fassaner Band und die Sonne lacht aus einem wolkenlosen Himmel. In Wechselführung gewinnen wir schnell an Höhe und die Kletterei an der Daumenkante verdient das Prädikat fantastisch. DaumenkanteWir sind um 11 Uhr die Tagesersten auf dem Daumen, genießen nur kurzzeitig den tollen Blick und seilen uns in die Daumenscharte von wo eine Dreierseilschaft freundlicher Italiener unser Blickfeld kreuzt. Wir geben Gas und werden mit Sonnenschein belohnt, um 13:38 Uhr sind wir auf dem Hauptgipfel. Wir sind glücklich und tragen uns in das Gipfelbuch ein, essen, trinken und genießen. Vor dem fantastischem Ausblick schmeckt sogar meine Tubennahrung erträglich. Zum Glück gibt's auch Nüsse und leckere Wurst. Wir haben uns einen veritablen Vorsprung auf unsere italienischen Verfolger herausgearbeitet und und sind schon abflugbereit als der Seilerste den Gipfel betritt. Wir schnacken noch kurz und wünschen uns gegenseitig viel Vergnügen. Vorerst wandern wir über den Gipfel und stehen schon bald vor einer Abseilstelle die uns 20 Meter tiefer und vor allem in Richtung Ringfinger bringt. Hier wird das Topo ein wenig undeutlich und ich beschließe mir die Sache mal aus der Nähe anzuschauen. Nach einer kleinen Querung kann ich an einem Block Stand machen und hole Herdi, der ein wenig unentspannt wirkt, nach. Das bin ich inzwischen auch, ich hab nämlich keinen Plan wohin; unsere alpine Fachliteratur lässt sich mit der vorgefundenen Wirklichkeit nur in Form der groben Richtung in Einklang bringen. Nun denn, des Mannes Zierde ist die Tat und so klettere ich aus Herdis Sichtfeld, nicht ohne mir bildlich vorzustellen wie er sich gleich ungesichert über die brüchige 4er Wandstufe hinabmogelt, was mir nahezu im toprope vergönnt ist. Die Sonne brennt und zum Glück ist auch die Verständigung schwierig als ich an wackeligen Haken vorbei klettere die sich ohne weiteres aus den splittrigem Fels ziehen lassen. 5 Meter tiefer entdecke ich einen solideren Drehmomenthaken und vertraue ihm langsam mein Körpergewicht an. In der üppig verstreichenden Zwischenzeit hat sich bei Herdi der Wunsch nach Erfüllung eines elementaren menschlichen Recht´s Bahn gebrochen und das teilt er mir auch klar mit. So habe ich ausgiebig Zeit meine Lage an dem einzelnen Haken, der durch eine eher moralisch wirkende Sandurschlinge farblich kontrastiert wird, aufzunehmen und den Tiefblick und meine Ahnungslosigkeit über den Verlauf der weiteren Begehung zu genießen. HerdiEin ferner Ruf rüttelt mich wach und ich erkläre den vorläufigen Plan. Während ich noch ein Stück absteige und sichereren Grund erreiche soll Herdi zum Zwischenstand absteigen und sich von dort abseilen. Einen Karabiner und etwas Reepschnur später stehen wir an der Scharte zum kleinen Finger. Die Aktion hat Kraft gekostet. Glücklicherweise entpuppt sich das Seil bei der nächsten Gelegenheit als Widerporst und der Rucksack als zu sperrig für den anviesierten Schlund der über gediegenes Querabseilen erreicht wird. Als Herdi neben mir steht bin ich froh das Seil nicht allein abziehen zu müssen. Weiter geht's in Schroffengelände auf der Südseite des Löwenkopfes und die anfänglichen Steinmänner verlieren sich in der Gleichförmigkeit der Dolomitentrümmer. Ein bunt eingewobener Felskopf markiert unter uns eine weitere Abseilstelle, gegenüber ragt die Grohmannspitze gebieterisch über uns. Vereinzelt fallen Steine auf die ausgeaperten Schneezungen und erinnern daran, wie wild diese Landschaft, die auch ohne Menschen auskommt, ist. Überraschenderweise führt uns diese Seillänge in die steile Scharte zwischen den Türmen und wir werden der Tatsache gewahr, dass wir aus dem gröbsten raus sind. Rutschend und hüpfend verlieren wir im Schotter an Höhe und stehen bald unter der Nordwand der Fünffingerspitze. Auf einem Block liegend genießen wir noch einmal unseren Tag und bestaunen den Schmidt Kamin und die Kieneführe. Nach reichlich 10 Stunden erreichen wir die mittlerweile üppig gefüllte Hütte und gönnen uns isotonische Getränke unter freiem Himmel. Abends gibt es einen dicken Nudelteller als Vorspeise, gefolgt von Gulasch an Knödeln, Schinken und als Nachspeise Apfelstrudel. Die beiden Langkofelaspiranten trudeln müde aber glücklich ein und nachdem wir uns einen kurzen Abriss ihres Abenteuers angehört haben steht für uns das Ziel des nächsten Tages fest.

10.09.2011 05:30 Uhr, ein Wecker klingelt, noch umfängt Dunkelheit die Landschaft. In Zimmer herrscht binnen Sekunden gedämpfte Unruhe. Die Ersten sind nach 3 Minuten angezogen und verlassen das Zimmer, ich lausche nach Herdi, bin sicher das er wach ist, höre aber nix. Oke, is eh viel zu früh den Körper zu spüren. 06:15Uhr, Herdi ist aufgestanden, ich muss wohl noch mal weg gedämmert sein. Wir sortieren unsere Sachen und bewegen uns zum leeren Frühstücksraum. Bergführer und Klienten sind schon auf dem Weg und so können wir bei Kaffee und Brötchen behutsam wach werden. Gegen 07:15 treten wir vor die Hütte und schlendern zum Fassaner Band. Dieses zieht sich gemächlich am Berg entlang und markiert den Einstieg und die erste Etappe unserer Führe. Wir kommen gut und sicher voran, ein Alleingänger vor uns weist uns den Weg zur ersten Scharte. Seilfrei erreichen wir die Zweite und haben erstmals Sicht auf die geführten Touren. Gut so. Um die Ecke schauen und die kläglichen Reste des Langkofelgletschers bestaunen, vor wenigen Monaten soll man hier noch exzellent Ski gefahren sein. Wir queren weiter und seilen ein erstes mal ab um den Geröllkessel in Richtung Eisrinne zu durchschreiten. Wir beobachten die Standplätze der geführten Touren, gönnen uns eine kleine Pause und beginnen dann zu klettern. Es ist 08:45. Das Gelände ist überwiegend leicht, dennoch steigen wir in Wechselführung 4 bis 5 Seillängen parallel zur einstigen Eisrinne. Hinter uns hören wir einen Jodler und verstehen. Neben dem Panorama, welches sich dem Begeher offenbar, wechselt auch die Landschaft des Gebirgsstockes halb stündlich. Türme wie Kleckerburgen säumen unseren Weg und über eine kurze Stahlseilpassage erreichen wir das Ende der Eisrinne. Der Blick weitet sich und wir stehen im Amphitheater, 2900m, ein gigantischer Kessel mit fantastischem Weitblick. Wir orientieren uns und ich steige zu weit rechts weiter. Herdi korrigiert, ich finde einen kleinen Standplatz und in der Zwischenzeit ist die Jodlerpartie aufgeschlossen. Als Herdi bei mir ist sind die 3 auf gleicher Höhe. Es folgt ein kurzer Smalltalk über Herkunft und Ingrid, die Tochter des Hüttenwirts. Wir packen unser Seil zusammen und steigen der Partie in gebührendem Abstand hinterher. So erreichen wir schnell die 150 hM entfernte Biwakschachtel- es ist kurz vor 11:00. Ähnlich wie gestern bei Herdi plagt mich seit geraumer Zeit mein Darm und so erleichtere ich mich vor der Schlüsselstelle. Al Pacino wäre stolz auf uns. Wir stehen am Stand vor der Crux, einer kurzen Querung und milchiger Nebel verhüllt den atemberaubenden Tiefblick, den Grat und den Gipfel. Wo eben noch Sonne strahlte ist nur noch gedämpftes Licht. So schnell kann es hier auch anders aussehen, gespenstisch- gar nicht gut. Die Kletterei ist nicht wild, ich bin dennoch froh um das Seil. Während Herdi den Grat erkundet kommt ein Alleingeher, gefolgt von seinem Kollegen. Beide das Seil auf dem Rücken. Zumindest dem Zweiten ist das Stück nicht wirklich leicht gefallen und ich bin froh verwinden zu dürfen als ich gerufen werde. Der Grat an sich ist übersichtlich, uns kommen reichlich geführte Touren entgegen und gegen 11:30 sind wir am Gipfel. Gipfel Neben den beiden Solokletterern sind ausschließlich Bergführer mit ihren Klienten vor Ort. Der Ausblick ist der Hammer, trotzdem ist mir nicht ganz wohl. Kurz nach 12 Uhr verlassen wir den Gipfel, es kommen uns weitere geführte Partien entgegen und gemahnen uns Ob acht auf den Steinschlag zu geben. Ok, den Grat zurück, abseilen zur Biwakschachtel in der unlängst ein R.M. übernachtete. Hinter uns ist die Jodlertruppe. Wir klettern so vorsichtig ab wie es geht und entdecken zwei weitere Seilschaften im Aufstieg. Es ist eindeutig zu voll auf dem Berg, da braucht man keine Heckmeierschen Maßstäbe anlegen. Abseilen, einmal, zweimal; parallel zu uns werden die beiden Geführten vom Bergführer abgelassen als fette Steinbrocken durch die Schlucht poltern. Herdi und ich stehen ganz gut aber die am Seil Hängenden sind dem Geschehen hilflosAbstieg ausgesetzt. Die Klumpen verfehlen die Frau nur knapp, der Mann bekommt einen faustgroßen Stein direkt auf den Helm. Oh Mann, nix wie weg hier. Es sollen ja schon Seile vom Steinschlag zerstört worden sein. Es poltert weiter und der nächste Stein trifft fast Herdi. Das Unterfangen bekommt schlagartig eine ernste Note. Wir steigen so schnell es geht ins Amphitheater und wissen die Gefahr hinter uns. Rüber zur Eisrinne und hinab. Wir laufen auf einige Bergführer auf, hinter uns kommt lange niemand und wir entspannen ein wenig. Vor uns ist Simon Kehrer mit dem Jungen der in der Hütte über mir geschlafen hat und seiner Mutter. Wir seilen zum Gletscherrest und trödeln der Partie hinterher. So haben wir ausreichend Zeit die Natur und den Ausblick zu würdigen. Der Restweg zum und über das Fassaner Band läuft sich dann so weg. Wir waschen uns noch am kleinen Wasserfall und 15:45 sind wir wieder zurück an der Hütte. Diese ist total voll, trotzdem ein freundliches Hallo vom Wirt und seinen Töchtern. Wir trinken auf der Veranda ein Bier und sind einfach nur glücklich. Der Hüttenwirt kommt extra zu uns raus und wir erzählen von den beiden Klettertagen. Was für ein herzlicher Mann. Für ein weiteres Bier ist es drinnen zu voll, ein kleiner Schnaps, Danke-schön war´s und auf Wiedersehen. Die dicken Rucksäcke geschultert und runter zum Auto am Sellajoch. Mittlerweile bemächtigt sich eine gewisse Trägheit meiner und der Magen murrt undefinierbar. Knieunfreundliche 500hM weiter unten sitzen wir im Auto und sind auf dem Weg nach Selva. Kohle holen, einkaufen, essen gehen... Herdi isst ne fette Calzone, ich zwänge mir einen Salat rein weil mehr nicht geht. Ab nach Canazei zum Campingplatz. Umkippen.

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